Spieletipps zur Spiel ’24

Dieses Kribbeln im Bauch …

“Dieses Kribbeln im Bauch, das man nie mehr vergisst. Wie wenn man zu viel Brausestäbchen isst. Dieses Kribbeln im Bauch, vermisst du doch auch, einfach überzusprudeln vor Glück.”

Die Zeilen sang Pe Wener 1991. Und spätestens Ende September kribbelt es dann auch bei jeder Menge Leute in den Eingeweiden, weil in Essen wieder vier Tage lang hemmungs-, besinnungs- und verstandlos gezockt und geshoppt wird. Denn die SPIEL ’24 steht vor der Tür und nicht nur beim spielfreudigen Volk, sondern auch bei Verlagen, Autoren, Erklärbären, Händlern und anderen rund um das Kulturgut Spiel involvierten Personen steigt die Anspannung und Vorfreude auf das Event.

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Das lange Wochenende des Spielens

Es kribbelt aber auch, weil die SPIEL dieses Jahr an einem Feiertag beginnt und ein langes Wochenende mitnimmt, was alle Beteiligten erwarten lässt, dass es dieses Jahr zu einem neuen Besucherrekord und somit erschreckend vollen Straßen und Hallen führen kann. Und wir, die wir letztes Jahr auf der SPIEL waren, erinnern uns nur ungern an das Verkehrschaos an den ersten beiden Tagen und die teils stark strapazierte Halle 3.

Die wesentlichen Informationen zur SPIEL 2024 haben wir für Euch an anderer Stelle konzentriert zusammengestellt. Spannend ist es aber auch, auf einige ausgewählte Spiele dieses Jahrgangs zu schauen. Auch dieses Jahr hat man dabei die Qual der Wahl, denn bei über 1000 Neuerscheinungen aus nahen und fernen Ländern kann man nur ein kleines Fenster an Spielen genauer betrachten.

So kämpft man sich Wochen vorher noch motiviert durch die jährliche SPIEL Essen Preview Liste auf Boardgamegeek, doch irgendwann verschwimmen die einzelnen Titel nur noch vor dem Auge. Hilfreich kann daher auch der Seitenblick in andere Medien (Foren und Social Media) sowie der Austausch mit Spielonauten im Freundes- und Bekanntenkreis sein. Die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens zeigt sich dann auf der Messe selbst, da viele der anvisierten Titel bereits nach kurzer Zeit ausverkauft sind und auch ein Ausprobieren aufgrund von Dauercampern an den Spieltischen nur schwer möglich ist. Trost setzt schließlich Wochen später ein, weil sich zeigt, dass viele Spiele das stundenlange Schleppen durch die endlosen Hallenwege doch nicht wert waren oder nun für einen schmaleren Taler verfügbar sind.

Wo ist DER Hypetitel 2024?

Drei Dinge sind mir dann doch dieses Jahr aufgefallen:

1. Es gibt dieses Jahr scheinbar nicht den Hypetitel, der vermutlich in die meisten Tüten wandern wird. Hier scheint sich der Fokus auf mehrere Spiele zu verteilen.
2. Die Masse an Erweiterungen war noch nie so groß wie in diesem Jahr. Jedes Spiel, das im letzten Jahr oder in den Jahren davor gut gelaufen ist, bekommt eine oder mehrere Erweiterungen verpasst. Oder es gibt eine Art Re-Skin – d. h., gleiches oder ähnliches Spielprinzip mit leicht oder stark abgewandelten Thema.
3. Es scheint wenig außergewöhnliche Themen oder neue bahnbrechende Ideen zu geben, die so innovativ sind, dass damit ein neues Genre begründet wird.

Auf den ersten Blick lässt dies befürchten, dass die SPIEL 2024 eine durchschnittliche Messe und das Jahr 2024 auch ein eher unauffälliges Jahr wird. Aber hier gilt es die Messe sowie die Wochen und Monate danach abzuwarten. Bisher hat noch jeder Jahrgang die eine oder andere Überraschung hervorgebracht, die plötzlich in aller Munde und über Wochen und Monate ausverkauft war. Und letztendlich bietet auch ein durchschnittlicher Jahrgang immer noch eine Masse an vielfältigen, unterhaltsamen und spielenswerten Spielen, aus denen man schließlich seine eigenen Schätze bergen muss. Und was für die einen der neue Stern am Spielehimmel ist und gefeiert wird wie die Geburt des ersten Kindes, entlockt anderen nur ein müdes Lächeln. Mir persönlich haben bspw. ein paar Partien Faraway und Sky Team gezeigt, dass ich sie beide nicht unbedingt brauche. Und dies sind beides Spiele, die im letzten Jahr ordentlich gepusht wurden.

Werfen wir zuerst einmal einen Blick auf fünf Titel, die dieses Jahr besonders stark im Fokus stehen, bevor wir uns interessante Exemplare im Bereich Familien-, Kenner-, Experten- und 2-Personen-Spiele anschauen. Zum Abschluss gibt es noch einen Ausblick auf einige der zahlreichen Erweiterungen.

Fünf von vielen heiß erwartete Spiele der SPIEL 2024

Czech Games Editions diesjähriges Schwergewicht lässt bis zu vier Spieler den Weltraum erforschen. In SETI: Auf der Suche nach außerirdischem Leben (Titel der deutschen Version, die bei HeidelBÄRSTEI erscheinen wird) nutzen wir Teleskope, um unbekannte Himmelskörper zu sichten, schicken Sonden, um auf Himmelskörpern zu landen und Proben zu nehmen, und schließlich verbessern wird unsere eigene Ausrüstung, um bei unserem Vorhaben Effizienz und Effektivität zu steigern.

Hingucker ist dabei sicherlich das Sonnensystem in der Mitte des Spielplans, welches aus drei drehbaren Scheiben besteht und die Rotation von verschiedenen Himmelskörpern um die Sonne darstellt. Aber auch der Rest des Materials bei SETI macht einen sehr guten Eindruck. Über 200 Multi-Use Cards versprechen zudem ausreichend Abwechslung für Freunde von Spielen mit Ressourcen Management und Engine Building. Auch wenn mich SciFi-Spiele selten ansprechen, hat das Ding mein Interesse geweckt.

Thematisch in eine ähnliche Kerbe schlägt Galileo Galilei aus dem Hause Frosted Games. Auch hier versuchen die Spieler in der Rolle von Astronomen mithilfe von Teleskopen neue Himmelskörper zu entdecken. Allerdings spielt dieses Spiel im Gegensatz zu SETI im 16 Jahrhundert, bei dem die wissenschaftliche Anstrengung als ketzerisch angesehen wurde und die technischen Möglichkeiten limitiert waren.
Galileo Galilei ist wie SETI ebenfalls von Autor Thomas Holek. Während SETI eher Expertenspieler anspricht, richtet sich Galileo Galilei an Kennerspieler. Auch hier sieht das Spielmaterial sehr gut aus und besonders der Rondellmechanismus und die verschiedenen spielbaren Astronomen mit ihren Stärken und Schwächen scheinen den Reiz des Spiels auszumachen. Freunde von Deck, Bag und Poolbuilding sollten einmal einen Blick auf Galileo Galilei werfen. Aktuell würde ich allerdings dem komplexeren SETI den Vorzug geben.

Wer es wirklich komplex mag, der wird dieses Jahr nicht an Civolution vorbeikommen, dem neuen Stefan Feld Spiel, das bei Deep Print Games / Pegasus erscheint. Bei Civolution schlüpfen die Spieler in die Rolle von Studierenden an der Technischen Schöpfungsakademie, die in ihrer finalen Prüfung gegeneinander antreten und ihre eigene Zivilisation erschaffen und weiterentwickeln.

Civolution ist Stefan Felds wohl bisher komplexestes Spiel, das dementsprechend viel Platz auf dem Tisch und Ausdauer bei den Spielenden fordert. Material und Möglichkeiten erschlagen die Spieler zu Beginn. Den Personen, die Civolution schon gespielt haben, scheint gerade dies sehr gut zu gefallen. Oder aber, ihnen ist das Spiel zu trocken bzw. zu mechanisch. Ob die SPIEL der richtige Ort ist, um Civolution auf Herz und Nieren zu testen, darf bezweifelt werden. Daher herrscht bei mir eher geringes Interesse.

Mein größtes Interesse hat dieses Jahr Arcs geweckt. Trotz SciFi Setting. Dabei lässt sich die Hintergrundgeschichte zu Arcs auf einem Bierdeckel notieren: Wir spielen eine raumfahrende Gesellschaft, die sich mit anderen Gesellschaften Scharmützel am Rand der Galaxie liefert. Das klingt wenig spannend, aber bei Arcs soll das Gameplay den Unterschied machen.

Die Regeln sind hierbei sogar noch überschaubar, bieten aber ordentlich Spieltiefe mit viel Interaktion und Konfliktpotential. Etwas, das viele Spiele in den letzten Jahren haben missen lassen. Das Konfliktpotential rührt hierbei vor allem aus einem dynamischen Gameplay, bei dem erst in einer Runde die Wertungskriterien durch die Spieler festgelegt werden und es somit keine grundlegenden Strategien gibt, die man von Beginn an verfolgen kann.

Die Reaktionen der Personen, die das Spiel bereits gespielt haben, fallen daher auch äußerst unterschiedlich aus und reichen von purer Euphorie hin zu großer Enttäuschung. Die persönliche Tendenz geht hier Richtung Blindkauf.

Sicherlich überraschend ist, dass ausgerechnet eine der zahlreichen Erweiterungen einen der vorderen Plätze bei den am sehnsüchtig erwarteten Neuerscheinungen zur SPIEL 2024 einnimmt. Die Rede ist von Die weiße Burg: Die Tee-Zeremonie. Und dies zeigt, wie viele Spieler das Kosmos Kennerspiel im letzten Spieljahr überzeugt hat. Das englische Original ist hierbei wie schon Die rote Kathedrale ursprünglich bei Devir erschienen und bietet für kleines Geld viel Spiel. Persönlich konnte Die weiße Burg mich dabei sowohl im Solo als auch im Mehrspieler-Modus restlos überzeugen. Und die Erweiterung, die eine weitere Würfelfarbe und einen neuen Ort bietet, an dem man die Meeple seines Clans platzieren kann, wird definitiv gekauft. Wenn auch nicht unbedingt direkt auf der Messe.

5 interessante Familienspiele zur SPIEL 2024

• Faraway war einer der Gewinner der letzten SPIEL, was aber sicherlich nicht an der Optik lag, sondern schlichtweg an dem Kniff, dass die Karten zwar von links nach rechts, aber am Ende von rechts nach links gewertet werden. Dies stellt gewohnte Muster auf den Kopf. Faraway wird dieses Jahr zur SPIEL bei Kosmos in Deutsch veröffentlicht, also die Chance für alle, die sich das Spiel nicht vom Orginalverlag Catch Up Games gesnackt haben.
• Für die, die Faraway schon haben, könnte Castle Combo, das neue Spiel von Catch Up Games interessant sein. Castle Combo ist ein Tableau Builder, bei dem wir abwechselnd in einem Mittelalterszenario Personen in unser eigenes 3 x 3 Raster legen. Hierbei kommt es darauf an, dass die Personen punkteträchtig interagieren. Ebenso wie Faraway ist es vom Grafikstil „gewöhnungsbedürftig“, aber die schnelle Suche nach der perfekten Kartenkombination kann zumindest eine Zeitlang für kurzweiligen Spielspaß sorgen. Wer nicht bis Essen warten will kann das Spiel bereits jetzt bei Boardgamearena ausprobieren.
• Ein wenig hübscher sieht Spectacular aus, bietet dafür aber das inzwischen doch recht wund gelutschte Tierthema an. Hier darf man seinen eigenen Tierpark mit besonders gefährdeten Arten zusammenpuzzeln, wobei man aber auch darauf achten muss, dass den Tieren ausreichend Nahrung zur Verfügung steht. Spectacular kombiniert dabei Plättchen und Würfel zu einem gehobenen Familienspiel, bei dem auch die Diversität der Arten bei der Punktevergabe eine Rolle spielt. Spectacular dürfte Freunde von Cascadia, Harmonies und auch Mischwald ansprechen. Und Buzzwords wie Interaktion, asymmetrische Playerboards und verschiedene Missionen wecken dann selbst mein Interesse, obwohl mir Spiele mit Tier- und Naturthema inzwischen doch etwas zum Schlund raushängen.
• Um Tiere geht es auch beim nächsten Familienspiel. Los zum Floß spielt in der Welt des beliebten Puzzlespiels Insel der Katzen. Bei Los zum Floß versuchen 1-4 Spieler gemeinsam Katzen von der Insel auf ein Floss zu bekommen, während sich auf der Insel Feuer ausbreitet. Hierbei ziehen Spieler in einem Zug sowohl ein Inselplättchen als auch ein Feuerteil und platzieren beide so, dass das Feuer möglichst den Katzen nicht den Weg abschneidet und sie schnellstmöglich zum Floß gelangen. Damit die Kiste nicht zu schnell langweilig wird, kommt Los zum Floß mit 81 Missionen daher, die ein paar launige Partien für Freunde von seichten Koop-Spielen bieten dürften.
• Stichspiele mit einem interessanten Twist gehen in meiner kleinen, bescheidenen Kartenspielblase immer, weswegen das bereits erschienene Rebel Princess einen Blick wert ist. 3-6 Spieler versuchen hier zu zu vermeiden, dass die Pinzen die fünftägige Partie der Prinzessinnen crashen, um den ledigen Damen einen Heiratsantrag zu machen. Grundsätzlich folgt das Spiel den üblichen Stichspielregeln, bietet aber in den fünf Runden, die das Spiel dauert, noch Sonderregeln, die jede Partie abwechslungsreich gestalten. Klingt nach einem gemeinen, kurzweiligen Kartenspiel, das flott gespielt ist und dabei für ordentlich Schadenfreude sorgt.

5 interessante Kennerspiele zur SPIEL 2024

• Kein Spielejahr ohne mindestens einen neuen Rosenberg – auch wenn man irgendwie das Gefühl hat, das gleiche Gericht mit leichter Abwandlung in anderer Verpackung zu bekommen; dabei manchmal etwas zu fad oder übermäßig gesalzen. Bei Black Forest wird aber nicht gepuzzelt, sondern es erinnert eher an klassische Spiele von Uwe Rosenberg. Hier darf man wieder Weiden bauen, auf denen man Tiere platziert, man bepflanzt Äcker und errichtet Gebäude und versucht in naheliegenden Dörfern Handwerker anzuheuern. Kern und Hingucker des Spiels ist ein Ressourcenrad, das bei geschickter Nutzung automatisch Ressourcen produziert. Ob Black Forest dabei wirklich viel Neues bietet oder schließlich doch wieder nur alter Wein in neuen Schläuchen serviert wird, wird sich zeigen müssen.
• Zumindest thematisch Neues bietet hingegen Let’s got to Japan, ein seichtes Kennerspiel, das uns unseren Traumurlaub in Japan nachspielen lässt. Hier müssen wir 13 Runde lang Aktivitätskarten so in unserer Woche platzieren, dass wir das Optimum aus unserem Japantrip herausholen. Ob Let’s go to Japan dabei wirklich ein spielerischer Dauerbrenner ist oder nur vom Thema, den schönen Illustrationen und den Flavortexten auf den Karten lebt? In Essen kann man das Spiel nur auf Englisch bei AEG mitnehmen. Im kommenden Jahr soll es in deutsche Fassung beim Schwerkraft-Verlag erscheinen.
• Mit Tea Garden bleiben wir im asiatischen Raum und treffen einen alten Bekannten wieder. Denn das Kennerspiel für 2-4 Spieler ist auch vom fleißigen Durchstarter Thomas Holek (SETI, Galileo Galilei), der uns ausnahmsweise nicht in die Weiten des Weltraums verschleppt, sondern diesmal die Chance bietet, die Entstehung der Teekultur im alten China mitzuerleben. Tea Garden bietet dabei einen bunten Misch-Masch aus verschiedenen Spielmechanismen, wie Worker Placement und Deck, Bag und Poolbuilding. Spannend klingt dabei, dass Teeblätter, die als Währung im Spiel verwendet werden, in zwei unterschiedlichen Farben vorliegen, wobei die grünen Blätter im Verlauf des Spiels an Wert verlieren, während die schwarzen Blätter an Wert gewinnen. Wie sich dies konkret auf das Spielgefühl auswirkt und ob Thomas Holek als Newbie dieses Jahr wirklich mit allen drei Spielen überzeugen kann, bleibt abzuwarten.
• Okay, eigentlich bin ich – wie ich bereits schrieb – von Tier- und Naturthemen gesättigt, aber Atoll vom tschechischen Verlag Albi, die u. a. den familienfreundlichen Dungeon Crawler Karak herausgebracht haben, schaut doch nach einem interessanten Enginebuilder aus. Natürlich klingt das Thema vertraut, wenn wir in Atoll wieder jeder ein eigenes gut funktionierendes Ökosystem schaffen müssen. Allerdings geht es hier wenigstens unter die Wasseroberfläche und wir legen Korallen- und Unterwassertierkarten möglichst punkteträchtig nebeneinander. Dabei müssen wir zum einen prüfen, ob die Bedingungen für das Nebeneinanderlegen erfüllt sind, zum anderen werden dadurch Werte auf den nebeneinanderliegenden Karten beeinflusst. Dadurch, dass man auch in anderen Systemen “auf die Jagd gehen” kann, findet darüber eine Interaktion zwischen den jeweiligen Ökosystemen statt.
  Atoll ist das Erstlingswerk von Autor Jan Štěpánek,der in Tschechien einen Autorenwettbewerb für Brettspiele gewonnen hat. Für die Optik ist u. a. Michal Peichl verantwortlich, der bisher einige Suchy Spiele grafisch “veredelt” hat. Mich überzeugt an der Stelle tatsächlich das Gameplay mehr als die Optik der Spielkarten.
• Zu guter Letzt ist an dieser Stelle noch ein Spiel zu nennen, was ich lange nicht auf meinem Schirm hatte, sich dann aber doch noch auf dem letzten Meter in meine Liste geschmuggelt hat: Dungeon Designer. Hier draften wir uns unseren eigenen Dungeon zusammen, den wir mit Monstern, Fallen, Schätzen und geheimen Durchgängen anreichern, um am Ende des Spiels der minotaurische Meisterarchitekt zu werden, der den gefährlichsten Dungeon entwickelt hat. Dungeon Designer scheint hierbei knapp die Schwelle vom Familien- zum Kennerspiel zu überschreiten, d. h. es erwartet uns ein seichtes, zugängliches Spiel mit einem kleinen Plus an Anspruch, das vermutlich in erster Linie über sein Thema punkten kann.

5 interessante Expertenspiele zur SPIEL 2024

• Beyond the sun erschien 2020 ungünstig im Corona-Jahr, konnte aber dennoch gerade wegen Thema und Tech Tree viele Freunde gewinnen, auch wenn es optisch den Charme eines Kreuzworträtsels hatte. Statt den Weltraum zu besiedeln, bleiben wir beim Nachfolger Beyond the horizon allerdings auf unserer geliebten Mutter Erde und betreiben durch die Jahrhunderte Zivilisationsaufbau. Der beliebte Tech Tree ist geblieben, spendiert hat man dem Spiel aber etwas mehr Grafik und Farbe.
• Thematisch spannend klingt auch das Expertenspiel Ada’s Dream aus der Alley Cat Games Advanced Line. In Ada’s Dream unterstützen wir die bekannte historische Persönlichkeit Ada Lovelace dabei, den ersten Computer zu bauen. Während die Schachtel noch etwas altbacken aussieht, kommt das allgemeine Spielbrett recht farbenfroh und modern daher. Ada’s Dream scheint hierbei äußerst komplex mit auf den ersten Blick zahlreichen Haupt- und Nebenaktionsmöglichkeiten und unterstreicht hierbei das herausfordernde Unterfangen, eine wirklich bahnbrechende Innovation zu schaffen. Ein wirklicher Hingucker sind definitiv die kleinen Lochkarten, welche Funktion sie auch immer im Spiel haben mögen.
• Ein ähnliches Komplexitätslevel bietet Daitoshi, das neue große Spiel aus dem Haus Devir. Dani Garcia, der bereits für die Spiele Arborea und Barcelona Anerkennung in der Szene erhalten hat, entführt die Spieler in eine Welt, in welcher die Dampfkraft gerade entdeckt wurde und für einen industriellen Aufschwung, aber auch für einen Raubbau an der Natur sorgt. Während das Cover noch Leichtigkeit vortäuscht, haut einem das Spielbrett die Brille von der Nase. Besonders das Rondell in der Mitte macht was her. Daitoshi könnte demnach genauso für Aufsehen sorgen wie Bitoku vor einigen Jahren.
• Shackleton Base erinnert vom Spielplan auf den ersten Blick an Terraforming Mars. Und weckt damit hohe Erwartungen. Auf den zweiten Blick versetzt es mich dann zurück in meine Kindheit, als Ende der 70er die Lego Space Reihe startete und wir kleine Männlein in rote und weiße Raumanzüge steckten, um sie auf fernen Planeten auf Entdeckungstour zu schicken. So Männlein hat Shakleton Base nämlich auch. Und auch hier dürfen wir auf dem Mond Ressourcen sammeln, Strukturen aufbauen und weitere Projekte realisieren. Klassisches Worker Placement scheint hier dieses schwergewichtige Eurogame zu bestimmen. Auch wenn ich kein großer Freund der Spacethematik bin, hat der gesamte Look des Spiels meine Neugierde geweckt. Und mein Gefühl sagt mir, dass Shackleton Base eines dieser Überraschungsspiele der diesjährigen SPIEL sein könnte.
• Die SPIEL 2024 ist die letzte Essen-Messe für das Team von Game Brewer. Der belgische Verlag war mit seinen Spielen nicht so erfolgreich wie mit seiner legendären Bierbar auf der Spielemesse. In meiner eigenen Sammlung findet sich mit Pixie Queen tatsächlich auch nur eines ihrer Spiele – das allerdings wirklich eines der besseren Worker Placement Spiele ist. 2024 wollen die Belgier sich aber noch einmal ordentlich verabschieden und hauen mit Algae, Inc. ihr letztes, großes Werk raus. Und das klingt auf dem Zettel ziemlich interessant, denn jeder Spieler leitet bei Algae, Inc. jeweils einen anderen Bereich in einem Unternehmen, welches Produkte aus Algen herstellt, und versucht in diesem, effiziente Produktionsketten aufzubauen. Die individuellen Playerboards schaffen hierbei eine interessante Asymmetrie zwischen den einzelnen Spielern. Vielleicht gelingt Game Brewer mit ihrem letzten Spiel doch noch der lang erhoffte Hit. Zu wünschen wäre es ihnen. Vielleicht fließt dann auch 2025 in Essen noch belgisches Bier.

5 interessante 2-Personenspiele zur SPIEL 2024

• Fangen wir direkt mit einem vermeintlichen Kracher an. 7 Wonders Duel ist immer noch eines der besten 2-Personenspiele, die es gibt. Und das Grundprinzip wurde nun für einen Nachfolger genommen und mit der Herr der Ringe IP versehen. Allerdings hat man dabei auch einige neue Ideen verbraten, so dass sich diese Version selbst für Leute lohnen könnte, die bereits 7 Wonders Duel besitzen und ggf. auch totgespielt haben. Bei Herr der Ringe: Duell um Mittelerde treten natürlich die Gemeinschaft des Rings gegen Sauron und seine Schergen an. Die Siegbedingungen wurden dabei natürlich an die Geschichte angepasst, so dass man das Duell für sich entscheidet, wenn man die Unterstützung der sechs Völker Mittelerdes für sich gewinnt, das Schicksal des einen Rings erfüllt oder in allen sieben Gebieten Mittelerdes vertreten ist. Natürlich stammt auch der Nachfolger aus der Feder von Antoine Bauza und Bruno Cathala, wurde illustriert von Vincent Dutrait und erscheint bei Repos Production. Es ist sicher nicht gewagt zu prognostizieren, dass das Ding weg geht wie Toilettenpapier zu Pandemiebeginn.
• Ebenfalls gut gehen wird sicherlich King of Tokyo: Duel. Hier treten zwei Spieler bzw. Monster erneut in Tokyo gegeneinander an und versuchen sich entweder gegenseitig platt zu machen oder aber besonders viel Terror zu verbreiten und Ruhm zu ernten. Optisch alles wie gehabt, die Würfel haben aber ein leichtes Upgrade bekommen und auch die Powerkarten sind geblieben. Wobei die Karten in der Duelvariante mehr Gewicht haben sollen. King of Tokyo: Duel erscheint bei iello.
• Kelp durfte ich letztes Jahr schon als Demo auf der Spiel Doch in Dortmund ausprobieren. Den Prototyp fand ich dabei schon interessant und habe ihn rein vom Spielgefühl mit Star Wars: Rebellion verglichen. Bei Kelp sucht bzw. jagt nämlich eine Partei (der Hai) eine andere Partie (den Oktopus). Der Hai gewinnt, wenn er den Oktopus fängt. Der Oktopus gewinnt, wenn er dies einige Runden verhindert und der Hai schließlich verhungert. Die asymmetrischen Rollen finden durch asymmetrische Mechanismen, Bag- und Deckbuilding, Darstellung. Ich fand Kelp damals nach einer Demopartie, die durchaus kurzweilig war, “raffiniert”. Kelp erscheint beim noch recht jungen Hamburger Verlag Wonderbow Games, die mit Rebel Princess und Nebula noch zwei vielversprechende Neuerscheinungen am Stand haben.
• The Game Builders veröffentlicht dieses Jahr das 2-Personen-Spiel Suna Valo, das ebenso wie Planta Nubo in der Solar-Punk-Welt “Overgrown” spielt. Hier versuchen die Spieler, erfolgreich einen eigenen Bauernhof zu betreiben. So gilt es, Getreide und Seerosen zu ernten, aber auch Schafe und Hühner zu halten. Natürlich unterstützen bei diesem Unterfangen selbst gebaute Bots. Im Kern sammelt man bei Suna Valo Ressourcen, um Karten zur Ablage in verschiedenen Spalten seines Playerboards zu erwerben. Dabei triggert man immer alle Karten, die bereits in einer Spalte liegen. Besonders ist, dass man z. T. die Preise für die Karten selbst festlegen kann – was dann aber auch für den Mitspieler gilt. Autor des Spiels ist Andreas “ode” Odendahl (Planta Nubo, Cooper Island, La Granja). Grafisch veredelt wurde es von Lukas Siegmon (Hallertau, Age of Innovation, Planta Nubo).
• Die Autoren Isra C. und Shei S. (beide Die weiße Burg, Die rote Kathedrale) bieten mit Flatiron einen Tabelaubuilder, bei dem die Spieler gemeinsam das Flatiron in Manhattan, New York bauen. Dabei kommen Karten zum Einsatz, die ich oben oder unten an mein Tableau in verschiedenen Straßen (Spalten) legen kann. Die Position der Karten bestimmt dabei ihre Stärke, ihre negativen Effekte und den Zeitpunkt, wann ihr Effekt getriggert wird. Denn wenn ich eine Karte in eine Spalte spiele, werden alle Effekte der Spalte von oben nach unten aktiviert. Hingucker des Spiels ist das Flatiron selbst, das im Verlauf einer Partie nach und nach entsteht. Da man Flatiron nicht nur zu zweit, sondern auch alleine spielen kann, könnte das Spiel aus dem Haus Ludonova auch für Solo-Spieler interessant sein.

Ein Haufen Erweiterungen zur SPIEL 2024

Planet Unknown, das Spiel, welches letztes Jahr den Deutschen Spielepreis gewann, bekommt ein Upgrade namens Planet Unknown – Supermond. Dieser Supermond wird als eigenständiges Tableau eingeführt, auf welches man ebenfalls Plättchen puzzeln kann und das einem die Möglichkeit bietet, Meteoriten zu beseitigen. Die Spielzeit wird dabei mit der Erweiterung leicht steigen.

Da Mischwald im letzten Spieljahr gut ging, wird es mit Waldbrand nach Alpin die zweite Erweiterung geben. Diese bringt wie bereits Alpin 36 neue Karten ins Spiel und führt mit Sträuchern auch eine neue Kartenart ein. Das wird sicher nicht die letzte Erweiterung zu Mischwald sein.

Und auch zum Spiel des Jahres, Sky Team, darf man sich auf die erste Erweiterung freuen. Turbulence bringt 20 neue Szenarien, die, wie der Titel schon verrät, die Spieler bei ihrer Landung mit unvorhergesehenen Ereignissen konfrontieren. Zur SPIEL nur in Englisch, ab Frühjahr 2025 aber auch auf Deutsch bei Kosmos.

Auch wenn Captain Flip gegen Sky Team beim Spiel des Jahres den Kürzeren gezogen hat, erfreut sich das schnelle Familienspiel entgegen meiner Erwartung großer Beliebtheit. Für mich hat es zwar immer ein Geschmäckle, wenn da schon eine Erweiterung kurz nach Veröffentlichung aus der Schublade gezogen wird, aber In den Fängen des Kraken ist auch eher eine Mini-Erweiterung, die für wenig Peseten zu haben ist und u.a. einen Solo-Modus bietet.

Vor vielen Jahren war auch Gaia Project ein Hit und erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit bei Expertenspielern. Von einer Erweiterung konnte man schon seit Jahren lesen und dieses Jahr ist es soweit: Gaia Project erhält mit Die verlorene Flotte das lang ersehnte Update. Und für alle, die wirklich schon alles aus dem Basisspiel herausgeholt haben, gibt es nun endlich neue Völker, neue Aktionen, neue Planeten und neue Sektoren.

Und auch zu einem weiteren Klassiker gibt es noch einmal Mehr. Natur erwacht heißt die neue Erweiterung zu Spirit Island und bringt acht neue Geister, 20 neue Aspekte und noch einiges mehr mit sich, schlägt mit über 40 € aber auch schon ordentlich in die Kasse.

Revive läuft ebenfalls richtig gut und hat daher schon im letzten Jahr die erste Erweiterung erhalten. Dieses Jahr wird es diese auch auf Deutsch geben und hört auf den Namen Ruf der Tiefe.

Bei Akropolis hatte ich bereits angemerkt, dass es ein schönes Plättchenlegespiel ist, das viel zu schnell endet. Daher erhält das Grundspiel mit Athena nun die erste Erweiterung, welche Konstruktionskarten hinzufügt, die Voraussetzungen für zusätzliche Punkte einführen.

Und auch Vale of Eternity, das Kartenspiel von Pegasus, bei dem wir uns aus mythologischen Figuren eine punkteträchtige Engine aufbauen, bekommt (verdient) ebenfalls eine Erweiterung. Neben neuen Figuren wird mit Artefakten auch ein neuer Kartentyp eingeführt. Dieser bietet permanente und einmalige Effekte oder Effekte, die man einmal pro Runde nutzen kann.

Keine Erweiterung, sondern eher ein Re-Skin scheint Dorfromantik: Sakura zu sein. Zwar führt man mit den Kirschblüten ein neues Element ein, aber ansonsten verlagert man Dorfromantik nur nach Japan. Leute, die den ersten Teil gesuchtet haben und nach mehr Landschaftsbau hecheln, wird das vermutlich wenig stören. Ableger von Catan und Carcassonne locken zahlreiche Spieler auch nach Jahrzehnten noch an die Spieltische.

Außerdem wird es u.a. noch Erweiterungen zu Expeditions, Bier Pioniere, Faraway, Flamme Rouge, Pirates of Maracaibo, Barcelona, Bonsai, Imperial Miners, Nucleum, Tang Garden, Wunder der Welt, Abgrundtief, 7 Wonders Architects, Anno 1800, Wasserkraft, Dominion, Hamlet, Evenfall, Karak, Karvi, Marrakesch und sogar Space Base geben.

Fazit: So viele Spiele, so viel Vorfreude

Während sich aktuell in den Foren und Sozialen Medien Empörung darüber breit macht, dass nicht alle Parkplätze direkt an der Messe für den Publikumsverkehr zur Verfügung stehen werden und schon von der schlimmsten und freudlosesten SPIEL aller Zeiten fabuliert wird, steigt bei mir doch die Vorfreude auf die diesjährige Messe. Nicht zuletzt, weil ich mir beim Schreiben das eine oder andere Spiel noch einmal genauer angeschaut habe.

Als Blindkauf vermerkt sind somit Arcs, Flatiron, Rebel Princess und Robotrick – wenn sie Donnerstagmorgen denn noch verfügbar sind. Eigentlich gehören auch die neuen Zoopläne von Arche Nova zum Pflichtprogramm, auch wenn ich den Preis (ca. 12 €) für 4 Pläne  schon etwas frech finde.

Außerdem hoffe ich auf eine Partie Atoll, Tea Garden, Medium, Suna Valo, Let’s go to Japan, Knives Out, Nebula, King of Tokyo Duel und Der Herr der Ringe: Duell um Mittelerde. Außerdem würde ich gerne das Geheimnis hinter dem Titel Leidgeprüftes Mittelalter lüften. Beim Young Newton Verlag in Halle 5.

Bei den Schwergewichten reicht mir vermutlich ein Schulterblick und ein Kauf zu einem späteren Zeitpunkt. Dann ist die Nutzung von Shuttle Bussen oder dem allgemeinen ÖPNV auch kein Problem und kann die gegenseitige Tütenschau in Bus und Bahn sogar noch ein kleines Highlight am Ende eines Messetages sein. Egal was kommt: Ich wünsche allen sozial eingestellten Besuchern die besten Messetage ever.