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Redakteur Anatol Dündar über e-Mission

E-MIssion - Ausschnitt aus der Titelillustration - Foto von Schmidt Spiele

Kipppunkte im Spiel und in der Produktion

Wenn Matt Leacock als Autor beteiligt ist, verspricht es interessant zu werden. Immerhin stammt von ihm das erfolgreiche Pandemic (Pandemie), was die Geschehnisse der Corona-Pandemie spielerisch vorwegnahm. Zusammen mit Matteo Menapace hat er den Titel Daybreak per Crowdfunding finanziert.blank

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Die Kampagne war so erfolgreich, dass Schmidt Spiele den Titel für den deutschen Markt als e-Mission lizenziert hat. Es geht um nicht weniger, als die Welt zu retten. Denn in dem kooperativen Ansatz ist es Aufgabe, die Treibhausemissionen ausreichend zu reduzieren.

Schmidt Spiele hat außerdem angekündigt, dass der Verlag bei der Produktion auf Kunststoff verzichtet, also nur Papier und Holz zum Einsatz kommen. Grund genug, einmal bei Anatol Dündar nachzufragen, der für die Lokalisierung von e-Mission verantwortlich ist.

So kam Schmidt Spiele an die Lizenz für Daybreak/e-Mission

Anatol, Daybreak ist ein erfolgreiches Crowdfunding-Projekt. Wie ist Schmidt Spiele auf den Titel aufmerksam geworden. Wir schwer war es, die Lizenz zu bekommen?

„Wir haben eine gute und langjährige Partnerschaft mit dem Lizenzgeber CMYK, in der wir gegenseitig bereits einige Spiele im deutschen bzw. amerikanischen Markt erfolgreich veröffentlicht bzw. lizensiert haben. Uns wurde das Spiel mit dem Hinweis angeboten, dass es ein gehobenes Kennerspiel sei. Nach den ersten Testspielen mussten wir zustimmen, dass Daybreak in der Tat komplex ist, aber das unglaublich gut umgesetzte, aktuelle Thema und der im Grunde einfache Spielablauf haben uns überzeugt, dieses Projekt unter der Marke Schmidt Spiele anzugehen.“

Aus Daybreak wird e-Mission

Zwei Coverentwürfe des Originals Daybreak - Fotos CMYK
Zwei Coverentwürfe des Originals Daybreak, links das alte, rechts da neue Bild – Fotos CMYK

Es ist auf den ersten Blick etwas verwirrend: Warum nutzt ihr den Titel e-Mission und nicht Daybreak, der bereits durch den Kampagnenerfolg eingeführt ist? Ist es nur die Liebe zum Wortspiel?

„Es gibt zum einen bereits einige Markenanmeldungen rund um den Titel ‚Daybreak‘. Das hätte aus unserer Sicht zu Konflikten führen können. Zum anderen haben wir festgestellt, dass die doppelte Bedeutung von Daybreak (‚Tagesanbruch‘ und aber auch ‚Neuanfang‘) nur den Wenigsten geläufig war. Mit dem Titel e-Mission wird das Thema treffend auf den Punkt gebracht und man bekommt schnell einen guten Eindruck davon, um was es in dem Spiel geht.“

Der Inhalt zielt auf die globale Klimakrise ab. Wie wichtig ist euch als Verlag dieses Thema? War eine Änderung des Themas eine Option? Immerhin: Obwohl zum Beispiel Pandemic das Gegenteil zeigt, scheinen aktuelle und politische Themen zumindest in Deutschland generell keinen leichten Stand zu haben.

„Nein, eine Änderung stand niemals zur Debatte, da uns gerade die durchdachte und eindrucksvolle Umsetzung des Themas anfangs angesprochen hat. Der kooperative Ansatz des Spiels, gemeinsam Lösungen für ein Problem zu finden, das uns alle betrifft, ist eine starke und nachhaltige Botschaft.“

e-Mission thematisiert den Klimawandel

Was genau ist Thema und Ziel im Spiel?

„Die Mission ist so simpel wie herausfordernd: Wir müssen gemeinsam die weltweiten Emissionen auf null reduzieren und damit den Klimawandel aufhalten. Wie auch in der realen Welt ist es dabei nicht ganz so einfach, die Balance zwischen dem Verringern von ’schmutziger Energie‘ und dem Fördern von ’sauberer Energie‘ zu finden, um den eigenen, ständig wachsenden Energiebedarf zu decken. Die Erde kann zwar mit Bäumen und Meeren einen Teil des von uns produzierten CO2 aufnehmen, aber alles, was nicht gebunden werden kann, lässt die Erdtemperatur steigen. Dies führt dann zu Überschreitungen von Kipppunkten und löst Krisen aus, die wiederum unsere Bevölkerungen in den Notstand geraten lassen. Kommt einem alles bekannt vor …“

Das Thermometer bei e-Mission - Ausschnitt - Foto von Schmidt Spiele
Das Thermometer bei e-Mission – Ausschnitt – Foto von Schmidt Spiele

Die Kniffe beim Mechanismus

Mit welchen Hauptkomponenten setzen die Autoren diese Idee um? Was zeichnet e-Mission gegenüber ähnlichen Titeln wie Kyoto, Keep Cool usw. aus?

„In e-Mission können die Handkarten auf drei verschiedene Weisen verwendet werden, um starke Kartenkombinationen auf dem eigenen Tableau zu arrangieren. Die Karten können als neue Projekte ausgespielt oder unter bereits bestehende Projekte geschoben werden, um diese zu verstärken. Jede Karte kann aber auch als Bezahlmittel für Effekte genutzt werden. Dabei muss neben dem eigenen Tableau auch an die Erde, die gemeinsamen globalen Projekte und anstehenden Krisen gedacht werden, bei denen die Handkarten ebenfalls dringend benötigt werden. Im Gegensatz zu Kyoto oder Keep Cool ziehen wir hier alle ausnahmslos am gleichen Strang und versuchen, sowohl die eigenen Probleme als auch die übergreifenden Krisen zu bewältigen. Ähnlich wie bei Pandemic spielt hier das Spiel gegen uns und es erfordert eine gute Abstimmung, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen.“

Kooperativ, leicht, aber herausfordernd

Spielaufbau von e-Mission - Foto von Schmidt Spiele
Spielaufbau von e-Mission – Foto von Schmidt Spiele

Ihr bezeichnet e-Mission als kooperatives Kennerspiel, zugleich ist es ab 10 Jahre, aber bietet asynchrone Ausgangssituationen für die Teilnehmenden. Werden Familien damit gut zurechtkommen? Wer genau ist Zielgruppe?

„Die Zielgruppe sind bei e-Mission Kenner- bzw. Vielspielende. Der einzelne Spielzug ist aber relativ einfach und kann daher auch in einer Familie gespielt werden, die bereits Erfahrung mit kooperativen Kennerspielen hat. Die asynchronen Großnationen und Ländergruppen sind leichter oder schwieriger zu spielen. Bei e-Mission müssen sich alle untereinander nach Möglichkeit helfen und so können sich auch unerfahrene oder jüngere Spielende beteiligen. Im Spiel befinden sich außerdem zusätzliche Challenge-Karten, um die Partien variabler zu machen und den Schwierigkeitsgrad anzupassen.“

Die nachhaltige Produktion und ihre Folgen

Ein wichtiger Punkt bei der Ankündigung ist offenbar die besondere Produktion. Ihr nutzt keinen Kunststoff, sondern ausschließlich Papier und Holz. Daraus ergeben sich natürlich Fragen. Zum einen: Gibt es einen Klebepunkt statt Schrumpffolie als Verpackung? Wie konfektioniert ihr die vielen Spielkarten, ohne dass sie durcheinanderfallen?

„Richtig, es werden Klebepunkte aus Papier verwendet und die Karten und Würfel werden in Papierumschlägen verpackt sein. Dadurch kann auf jeglichen Kunststoff verzichtet werden. Durch die Produktion in Deutschland können die Transportwege kurzgehalten werden.“

e-Mission: Das Material sieht gut aus - Foto von Schmidt Spiele
e-Mission: Das Material sieht gut aus – Foto von Schmidt Spiele

Bei e-Mission ist die Packung gut gefüllt

Zum anderen stellt sich die Frage: Welchen Effekt hat das auf den Preis? Derzeit wird der voraussichtliche Verkaufspreis mit immerhin 77 Euro angegeben. Bedeutet das, Spielefans müssen tiefer in die Tasche greifen, wenn Sie Veröffentlichungen mit nachhaltigeren Materialien unterstützen möchten?

„Zum einen bringt das Spiel mit knapp 300 Karten, 8 Tableaus, Spielplan, Holzwürfel und mehr als 350 Plättchen einiges an Material mit sich und muss sich hinter ähnlich opulent ausgestatteten Titeln nicht verstecken. Zum anderen ist es tatsächlich so, dass eine nachhaltige Produktion, also bspw. das Verpacken von Spielmaterial in Papier anstatt Kunststofftüten mit höheren Kosten verbunden ist.“

Schönes Material hat seinen Preis

Und zum Dritten: Sind die damit verbundenen Herstellungskosten ein Grund, warum bisher bei allen Verlagen noch immer relativ viel Kunststoff zumindest in Umverpackungen zum Einsatz kommt? Gibt es vielleicht einen Anhaltspunkt, welche Kostenänderung ein Wechsel von Kunststoff zu Holz zum Beispiel bei Spielfiguren hat?

„Die Klebepunkte sind teurer, da der Produktionsaufwand noch nicht standardisiert ist und Maschinen speziell dafür konfiguriert werden.

Hier spielen aber auch andere Gründe eine Rolle: Was passiert, wenn das Spiel beim Transport, Lagern oder Handling verschmutzt oder beschädigt wird? Sind die Spielefans bereit, diese ggf. auftretenden Mängel für eine bessere Umwelt zu akzeptieren oder hagelt es dann Reklamationen und Rückrufaktionen? Eine hohe Reklamationsquote wirkt sich ebenfalls auf die Umweltbilanz eines Spiels aus. Hier sind nicht nur wir als Verlag gefragt, sondern auch die Kundschaft.

Bei hölzernen Spielfiguren fällt ebenfalls ein Mix aus höheren Kosten an. Holz ist zum Beispiel weniger flexibel für bestimmte Formen oder bricht leichter, wenn es zu filigran ist. Auch hier wird sich die Frage stellen: Inwieweit ist die Kundschaft bereit, Einbußen zu akzeptieren?“

Tipps für den Einstieg bei e-Mission

Die Schachtel von e-Mission - Foto von Schmidt Spiele
Die Schachtel von e-Mission – Foto von Schmidt Spiele

Noch einmal zum Spielverlauf von e-Mission. Gibt es einen Tipp, worauf die Interessierten speziell in der ersten Partie achten sollten? Gibt es typische „Fehler“, die sie vermeiden sollten?

„Man sollte darauf achten, die Emissionen der eigenen Ländergruppe zu reduzieren. Aber das sagt sich immer so einfach. Was anfangs oft unterschätzt wird, ist die Kooperation, da diese nicht immer so offensichtlich möglich ist. Durch die gemeinsamen globalen Projekte und die Krisenabwehr können sich die Spielparteien aber die ‚Arbeit‘ abnehmen und sich so gegenseitig unterstützen. Nur wenn alle bedingungslos geben (zum Teil ohne Gegenleistung) und zusammen ‚anpacken‘, ist die Welt noch zu retten. Das ist anspruchsvoll, aber im Endeffekt der Schlüssel zum Erfolg – nicht nur im Spiel.“

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