Dabba Walla

Essen und trinken hält Leib und Seele zusammen. Auf Mumbais Straßen sorgen radelnde Essenslieferanten dafür, dass weder das eine noch das andere Schaden nimmt. Präszise und schnell.

In den 50er- und 60er-Jahren wurden Männer in Deutschland mit dem Henkelmann ausgestattet zur Arbeit geschickt. Besonders Grubenarbeiter versorgten sich so mit ihrer warmen Mittagsmahlzeit am Arbeitsplatz, die heute eher durch Kantinen, Mittagsangeboten in Restaurants oder mithilfe von Lieferdiensten gesichert ist.

Im indischen Mumbai kennt man sicher keine Henkelmänner, wohl aber Lieferdienste, die Dabba Wallas. Und weil deren Service nicht nur ganz vorzüglich funktioniert, sondern das auch eine witzige Story und darüber hinaus ein frisches Spielthema ist, wurde daraus ein Gesellschaftsspiel, das besser kaum aufgehoben sein konnte als bei Rajive Gupta und Queen Games.

Patricia Limberger und Felix Leder zeichnen als Autoren. Limberger ist eigentlich Illustratorin und Grafikdesignerin, Felix Leder, ihr Mann, Erziehungswissenschaftler. Mit Dabba Walla, das ursprünglich Space Cargo heißen sollte, gewannen sie beim Hippodice Autorenwettbewerb 2023 den 2. Platz. Es ist ihre erste Veröffentlichung.

Dabba Walla: Lieferando für Mumbai

Dabba Wallas sind also die Kuriere, die seit über 130 Jahren Menschen in Büros mit selbst gekochtem Essen versorgen. Die traditionell nur männlichen Wallas holen die Dabbas  – die Henkelmann-artigen Gefäße – mit einem Fahrrad von Privatadressen ab und liefern sie pünktlich und zuverlässig an die Büros. Das ist die Story zum Spiel.

Wie wird Dabba Walla gespielt?

Am Spieltisch sitzt jeder Dabba Walla vor seinem Tableau, das ein Fahrrad mit Lagerfläche in unterschiedlicher geometrischer Form zeigt. Um den in der Mitte liegenden Spielplan mit Häusern liegen sechs Dabba-Karten im Kreis angeordnet offen aus. Sie zeigen Essenspakete in unterschiedlich Formen und Größen. Nimmt man eine Karte, erhält man das angezeigte Plättchen und stapelt es auf der Lagerfläche des Fahrrads, wodurch sich nach und nach mehreren Ebenen bilden. Das macht man möglichst platzsparend, damit man die Lagerfläche optimal ausnutzt. Die Dabbas gibt es in vier Farben, die auch bunt gemischt eingesammelt werden können. Wichtig werden die Farben erst beim Abladen.

Hochstapler gefragt

Haben die Spieler alle Karten eingesammelt und bei sich abgelegt, wird der Spielplan umgedreht und das Spiel geht in die zweite Phase. Nun sollen die eingesammelten Essensportionen ausgeliefert werden, wofür es Trinkgeld (= Punkte) gibt. Auf der unteren Hälfte der Dabba-Karten sind dazu Farbsymbole abgebildet. Jeder spielt eine seiner Karten verdeckt aus und alle decken sie gleichzeitig auf. Dann wird anhand der abgebildeten Farbsymbole der Wert der in dieser Runde auszuliefernden Dabbas ermittelt. Ergeben z. B. alle ausgespielten Karten für die grünen Dabbas in der Summe den Wert 3, erhält jeder 3 Punkte für seine grünen Dabbas auf der obersten Ebene der Lagerfläche. Bis zu zwei Farbsymbole hat jede Karte; so können auch mehrere Farben gleichzeitig gewertet werden

Danach werden die obersten Dabbas vom Rad entfernt und die nächsten Ebenen werden nach und nach auf dieselbe Art gewertet. Sind alle Dabbas ausgeliefert, endet das Spiel (nach 30-45 Minuten) und es gewinnt, wer das meiste Geld verdient hat.

Macht Dabba Walla Spaß?

Bei Queen Games braucht man sich über die Qualität des Spielmaterials keine Gedanken zu machen. Ebenso bei Dabba Walla. Die aus fester Pappe geformten Plättchen, die eindeutige Grafik auf Karten und Spielplänen und die tadellose Spielregel laden zum Spielen ein.

In letzterer erfährt man noch etwas zu der Tradition der Dabba Wallas. Und wer gerne indisch kocht oder isst, gelangt über einen QR-Code zu den Rezepttipps des Verlags-Chefs „Indisch kochen mit Rajive“.

Dafür, dass alles seinen Platz in der Schachtel hat, sorgen vier Boxen aus ebenso fester Pappe, die man vor der ersten Partie zusammenbauen muss. Der Gag daran ist, dass die Deckel der Boxen gleichzeitig als Spielplan dienen. Nach dem Spiel wird das Material wieder in den Boxen verstaut, Deckel draufschieben – fertig. Plastikanteil < 1 %. So kann man es machen.

Der Zusammenbau der Boxen ist leider etwas fummelig. Man hat Angst, die Bauteile zu beschädigen. Ohne einen Tropfen Kleber hie und da erfüllen sie auch nicht bedingungslos ihren Zweck. Und auch beim Draufschieben der Deckel sollte man sich die beiliegende (nicht dafür vorgesehene) Werbekarte zu Hilfe nehmen.

Mit Bauch und Verstand

Dem Spielspaß tut das keinen Abbruch. Die Spielmechanik mit dem Einsammeln und Stapeln der Dabbas, die man hinterher in umgekehrter Reihenfolge wieder abbaut, ist eine frische Idee. Das kann man im Familienkreis gut und mit Spaß aus dem Bauch spielen. Dann stimmt auch die Altersangabe. Wenn man möchte, kann man sich aber auch mehreren Anforderungen stellen, die das Spiel gleich sehr viel taktischer machen: Beobachtung der Gegner beim Aufbau ihrer Stapel, sich merken, welche Farben man auf dem eigenen Fahrrad gestapelt hat, Auswahl der Dabbas nach verschiedenen Kriterien (Form, Farbe, Symbole). Dann wird es noch mehr ein Wettkampf untereinander, bei dem die Spieler geschickt die Spielweise der Gegner in ihre Planung einbeziehen. Es ist die interessantere Art zu spielen.

Auch die Herangehensweise lässt Wege offen: Wer Karten mit größeren Teilen einsammelt, kann eine Ebene schnell füllen und später viele Punkte generieren. Doch oft bilden sich dadurch kleine Lücken, die nur schwer zu füllen sind. Außerdem haben gerade die Karten mit großen Teilen keine oder weniger Farbsymbole, mit denen man später das Punkteniveau beeinflussen will. Doch genau die sind wichtig, will man seinen Ebenen auch die gewünschten Werte gönnen.

Die Kombination aus Puzzlespiel im ersten Teil und dem interaktiveren zweiten Teil, in dem man seine eigene Auslage so teuer wie möglich verkaufen will, machen aus Dabba Walla ein recht unterhaltsames und kurzweiliges Spiel. Zu zweit verliert es besonders im zweiten Teil am taktischem Zusammenwirken, das erst bei mehreren gleichzeitig zu wertenden Ebenen zwischen den Spielern entsteht. Schon bei drei und besonders bei vier Spielern kommt das Spielsystem aber richtig in Gang.  „बॉन एपेटिट“