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Botanicus

Botanicus: Ausschnitt, Foto von Hans im Glück

Ich muss gestehen: Ich habe einen braunen Daumen. Zimmerpflanzen haben bei mir keine lange Lebensdauer zu erwarten. Mein letztes Opfer war eine Venusfliegenfalle, die sich dann nach nicht allzu langer Zeit entweder mangels Fliegen oder zu viel Wasser verabschiedet hat. Mein Talent zum Gärtnern ist also stark eingeschränkt. Daher bin ich sehr froh, dass mir Botanicus von Vieri Masseini und Samuele Tabellini aus dem Verlag Hans im Glück das Gärtnern ohne Reue erlaubt, denn Pflanzen können hier nicht eingehen, es sei denn, ich reiße sie mutwillig aus dem Beet.blank

Die Regeln: So funktioniert das Gesellschaftsspiel Botanicus

Als Gärtner besitze ich ein eigenes Gartentableau, das in der Einsteigerversion für alle Mitspieler identisch aussieht. Darauf abgebildet sind 18 noch nicht bepflanzte Beete, schön akkurat in Zeilen und Spalten aufgeteilt. Dazwischen verlaufen Wege, auf denen sich mein Gärtner hin und her bewegen kann, um die Pflanzen zu hegen und pflegen.

Zu jeder Beetzeile gehört auch noch ein rechts davon aufgedruckter Standardauftrag, den es zu erfüllen gilt. Interessierte Besucher möchten dort bestimmte Pflanzenkombinationen in den Zeilen sehen, damit ich Siegpunkte erhalte.

Mit meinem Gärtner möchte ich nun möglichst viele Spalten komplett bepflanzen, dies möglichst mit einer besonders wertvollen Pflanze pro Spalte und dann auch noch die Aufträge pro Zeile erfüllen. Es sei verraten, dass das bisher noch in keiner der gespielten Partien gelang und wahrscheinlich auch nur sehr unwahrscheinlich erreichbar ist.

Der Gärtner kostet bei Botanicus Geld

Mein Gärtner darf sich auf den Wegen zwischen den Beeten soweit bewegen, wie ich möchte und das bezahlen kann. Ja, richtig gelesen, mein Gärtner tut ohne Geld keinen Schritt. Da jeder Spieler mit sechs Münzen startet und Geld chronisch knapp ist, will also jeder Zug genau überlegt sein. Denn nur auf die an den Gärtner angrenzenden Beete darf ich Blumen anpflanzen oder gießen. Also versuche ich, das Beste aus dem Tableau herauszuholen, was gar nicht so einfach ist, denn um den perfekten Garten anzulegen, muss ich erstmal Ressourcen besorgen. Botanicus: Aufbau des Spiels, Foto von Hans im Glück

Die Bewegungsfelder der Spielermarker sind das Herzstück

Das funktioniert über den Spielplan, der drei Fortschrittsleisten (Geld, Schubkarre, Schaufel) abbildet und darunter das Herzstück des Spiels, die Bewegungsfelder der Spielermarker. Jede der insgesamt zwei Runden besteht aus acht Aktionen. Bin ich am Zug, kann ich meinen Blumenmarker auf eines von vier Feldern der nächsten Spalte setzen und zwar entweder auf ein freies Feld oder ein bereits von der Konkurrenz besetztes. Letzteres ist teuer, denn ich muss hierfür drei Münzen zahlen.

Als Zugregel für die nächste Aktion gilt: Wer am weitesten oben platziert, ist bei der nächsten Aktion als Erster an der Reihe. Dafür sind aber die untersten Felder meist die wertvollsten. In jede zweite Spalte werden bei Botanicus zu Spielbeginn zufällig Plättchen gelegt, die einem Spieler noch eine zweite Aktion bringen, aber nutzen kann diese nur, wer als erstes das Feld betritt. Und über diese Felder steuere ich, wo ich auf den Fortschrittsleisten vorankomme und dort endlich die ersehnten Pflanzen erhalte, die ich dann neben meinem Gärtner platzieren kann. Meistens gibt es nur Pflanzen der Stufe 1, die quasi noch als Setzlinge im Topf stecken. Lande ich auf Gießkannensymbolen, darf ich Pflanzen aufwerten. Aber auch wieder nur solche, neben denen der Gärtner steht.

Pflanzen müssen bei Botanicus wachsen

Frei nach dem wunderschönen Motto "Das schönste an der Gartenarbeit ist das Gießen" dürfen wir auch bei Botanicus unsere Blümchen durch Gießen wachsen und gedeihen lassen, damit unseren Nachbarn der Neid unseren Nachbarn das Grinsen aus dem Gesicht schlägt.
Frei nach dem wunderschönen Motto „Das schönste an der Gartenarbeit ist das Gießen“ dürfen wir auch bei Botanicus unsere Blümchen durch Gießen wachsen und gedeihen lassen, damit der Neid unseren Nachbarn das Grinsen aus dem Gesicht schlägt.

Vier Stufen benötigt eine Pflanze, bis sie zu einem Prachtexemplar geworden ist. Hat man eine solche Pflanze in einer komplett bepflanzten Spalte, darf man sich über satte 15 Punkte am Spielende freuen. Die anderen Stufen bringen entsprechend weniger Punkte ein. Erhalte ich auf einem Aktionsfeld eine höherwertige Pflanze, darf ich auch eine bestehende ausreißen, muss diese aber sofort durch die neue Pflanze ersetzen. Das kann manchmal helfen, wenn man bestimmte Pflanzkombinationen in Reihen benötigt, um die Aufträge zu erfüllen.

Punkte wie aus einer Gießkanne

Apropos Aufträge: Zu Beginn zieht jeder Spieler nochmal so viele besondere Aufträge nach, wie es Standardaufträge auf dem Tableau gibt. Hat man den Standardauftrag erfüllt, darf man sich an die Erfüllung des besonderen Auftrags machen.

Manche Aktionsfelder zeigen Tiersymbole und tatsächlich besitzt jeder Spieler fünf Holztierchen seiner Farbe, die er dank dieser Felder auf seinem Tableau platzieren darf. Für jedes Tier gibt es nochmal aufsteigende Punkteerträge. Punkte gibt es in Botanicus überhaupt an allen Ecken und Enden. Geld leider nicht so viel. Das erhalte ich am ehesten über Schritte auf der Geldleiste. Auf der Schaufelleiste kann ich mir hochwertige Blumen unter den Nagel reißen. Will ich die schnell erreichen, kann ich Abkürzungen nehmen, deren Benutzung aber wieder Geld kostet. Das artet insbesondere gegen Ende von Runde 2 gerne mal in intensive Chancenabwägung und Durchrechnerei von Zügen aus.  Man merkt erst im Verlauf des Spiels, dass 16 Züge in zwei Runden kaum ausreichen, um den Garten optimal zu bepflanzen. Spielt man mit chronischen Zugoptimierern, kann die Downtime der restlichen Gärtner schonmal recht lang werden.

Fazit der Rezension: Botanicus ist eine klare Empfehlung

Botanicus kommt auf den ersten Blick als einfaches Familienspiel daher, entpuppt sich nach und nach doch als ganz schön taktisches Spiel mit Grübelpotenzial an der Grenze zum Kennerspiel. Spielt man die Rückseite des Spielplans, wird es durch unterschiedliche und kniffliger strukturierte Spielertableaus, geänderte Verwendung der Tiere, höhere Anzahl an Gärtnern und Schlusswertungskarten vollends zum Kennerspiel. Daher ist Botanicus auch zurecht auf der Auswahlliste für das Kennerspiel des Jahres 2024 gelandet. Grafisch und materialtechnisch ist das Spiel einwandfrei. Viel Holz und stabile Pappmarker sind enthalten und die Materialien werden in hübschen Pappschachteln aufbewahrt, die leider nach mehreren Partien nicht mehr optimal schließen.

Botanicus: Schachtel des Gartenspiels, Foto von Hans im Glück

Botanicus hat mich – auch aufgrund der mir bisher völlig unbekannten Autoren Vieri Masseini und Samuele Tabellini – völlig überrascht. Von mir gibt es aber eine klare Empfehlung für ein Spiel, das sowohl Einsteigern wie auch Experten gerecht wird und das Thema und Mechanik sehr gut miteinander verzahnt. Als kleines Extra werden übrigens auf der letzten Seite der Regel alle Stufe-4-Pflanzen mit lateinischer Bezeichnung und kleinem Steckbrief erläutert. Und weil da auch eine Königin der Nacht dabei ist, habe ich mich gleich inspirieren lassen und mir im echten Leben eine gekauft. Mal schauen, was wird.

Infos zu Botanicus

  • Titel: Botanicus
  • Verlag: Hans im Glück
  • Autor: Vieri Masseini, Samuele Tabellini
  • Spieleranzahl (von bis): 2-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 45-60
  • Jahrgang: 2024

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