Reich der Spiele

Amritsar

Amritsar - Ausschnitt der Titelgrafik - Foto Ludonova

Im Kennerspiel Amritsar – der goldene Tempel dürfen wir im Indien des frühen 19. Jahrhunderts dem Maharadscha Ranjit Singh beim Wiederaufbau des goldenen Tempels Harmandir Sahib in der Stadt Amritsar unter die Arme greifen. Hier schicken wir nicht nur Arbeiter und Elefanten zur Unterstützung los, sondern spenden auch bereitwillig, damit der Tempel, das bedeutendste Heiligtum der Sikh-Religion, zu einem monumentalen Bauwerk aus Marmor und Kupfer sowie einem Zuckerguß aus Gold wird.blank

Ohne zu spoilern kann an dieser Stelle verraten werden, dass dieses Unterfangen von Erfolg gekrönt sein wird. Die Frage dabei ist aber nicht nur, wer den schönsten Elefanten hat, sondern auch, wer am meisten Energie in das Unterfangen steckt, somit den meisten Ruhm erntet und zum Schluss des Maharadschas Liebling wird. Denn nur so gewinnt man Amritsar – der goldene Tempel.

Ein Spiel für den Setzkasten

Das Spielbrett von Amritsar - Foto Ludonova

Ach, Amritsar ist schon ein sehr einladendes Spiel. Das fängt schon beim verheißungsvollen Titel an, fährt fort beim strahlenden Tempel auf der Schachtel und  endet schließlich bei den coolen Elefantenmeeplen, die man sich am liebsten – wenn man denn noch einen hätte – in den Setzkasten stellen würde. Da bei den meisten von uns das Auge mitspielt, ist das schon einmal ein Pluspunkt von Amritsar. Aber dennoch hat das Spiel bisher wenig Aufmerksamkeit bekommen. Aus meiner Sicht – soweit kann ich schon einmal vorweggreifen – zu Unrecht.

Na gut, David Hera erfindet mit seinem bei Ludonova erschienenen Spiel das oft zitierte Rad nicht neu. Wir sammeln, tauschen, kaufen und verkaufen auch in Indien Ressourcen (hier Marmor, Kupfer und Gold) und bezahlen nicht nur diese Ressourcen, sondern auch die Steuer mit Münzen. Ressourcen lagern wir dabei auf Lagerplättchen, von denen wir zu Beginn des Spiels nur eins mit vier Lagerstellen haben. Was natürlich zu wenig ist und dazu führt, dass wir weitere Lagerplättchen erwerben müssen, damit erworbene Ressourcen nicht verloren gehen.

Diese Lagerplättchen finden ebenso wie Ziel- und sogenannte Mahutplättchen Platz auf unserem Tableau. Während die Mahutplättchen uns Sonderaktionen geben, geben die Zielplättchen uns persönliche Ziele für die Endwertung vor. Außerdem können auf jedem Spielertableau auf drei verschiedenen Leisten weitere Sofortboni und Boni für Zwischen- und Schlusswertung freigeschaltet werden. Schließlich wird hier auch die Steuer vermerkt, die mit jedem weiteren Plättchen, das man seinem Tableau hinzufügt, steigt und am Ende einer jeden Runde bezahlt werden muss. Anonsten verliert man Siegpunkt.

Die Elefanten als Spielfiguren bei Amritsar - Foto Ludonova

Amritsar: Ein Mancala-Mechanismus sie zu knechten

Kern des Spiels ist ein Mancala-Mechanismus, mit dem wir Arbeiter in vier Zonen, die zusätzlich in zwei Bereiche unterteilt sind, platzieren.

Über den letzten Arbeiter haben wir Zugriff auf eine von drei Hauptaktionen und bei passender Farbe des Arbeiters eine weitere Nebenaktion. Zusätzlich können wir auch unseren Elefanten entlang des Tempels in eine der vier Zonen bewegen, wobei eine Bewegung dabei umsonst ist und weitere Bewegungen mit Münzen und eventuell auch mit Siegpunkten bezahlt werden müssen. Stehen der letzte Arbeiter und der eigene Elefant zum Schluss in der gleichen Zone, erhält man eine weitere Aktion und kann u. a. mit einer Spende zum Bau des Tempels beitragen.

Spenden werden als Spendenwürfel auf unseren Elefanten gelagert und rund um den Tempel über eine der vier Zonen auf Spendenplättchen ausgeliefert. Dabei erhält man Punkte zum einen beim Ausliefern, zum anderen, wenn man am Ende einer Runde die meisten Spenden in einer Zone besitzt. Die Punkte gibt es somit bei Mehrheit, wobei sich die Wertung in den Zonen nach jeder Runde ändert.

Haupt-, Neben- und Bonusaktionen über das Tableau dienen zum einen dem Erwerb und Verkauf von Ressourcen, zum anderen der Verbesserung des Tableaus sowie letztendlich dem Spenden zum Bau des Tempels. Dieser nimmt hierbei nach jeder Runde Formen an, bis er schließlich zum Ende der dritten und letzten Runde in seiner ganzen Pracht in der Mitte des Spielbretts erstrahlt. Wobei er kleiner als die schnuckeligen Elefanten ist.

Der rohrkrepierende Zug

Der Tempel von Amritsar entsteht - Foto Ludonova

Auch wenn sowohl die Möglichkeiten als auch die Ikonographie des Spiels am Anfang etwas erschlagen, so verstehen Vielspieler die grundsätzliche Mechanik des Spiels recht schnell. Allerdings hat gerade die Bewegung der Arbeiter und Elefanten mit dem Ziel sowohl Haupt-, Neben- als auch Bonusaktionen durchzuführen ihre Tücken.

Nicht selten hat man doch etwas übersehen und der eben noch grandiose Move wird zum Rohrkrepierer, weil z. B. auf dem Elefant keine Spendenwürfel mehr liegen, auf den Lagerplättchen nicht mehr genug Platz für den plötzlich einsetzten Ressourcensegen vorhanden ist oder man die Bonusaktion doch nicht mehr ausführen kann.

Zudem können auch die anderen Mitspieler vom eigenen Zug profitieren, wenn sie nämlich das farblich passende Mahutplättchen zum finalen Arbeiter besitzen. Denn dann dürfen sie nach dem Zug des aktiven Mitspielers noch die Aktion hinter dem farblichen passenden Mahutplättchen machen. Das löst u.a. Spenden aus, bringt Ressourcen oder Siegpunkte oder lässt einen das eigene Tableau weiter ausbauen.

Tableaus bei Amritsar - Foto Ludonova

Die Gefahr von „Paralyse-Analyse“

Neben den eigenen Aktionen kann auch dies dazu führen, dass Spieler, die gerne wirklich alles bis zum letzten Zipfel durchdenken, für ihre Züge mehrere Minuten brauchen. In einer Runde zu Viert führte dies tatsächlich dazu, dass ein Spieler über 10 Minuten an seinem Zug feilte und die Stimmung am Tisch zu kippen drohte. Personen, die anfällig für Paralyse-Analyse sind, können sich in dem Spiel verlieren. Zumal die vier Zielplättchen mit den persönlichen Zielen für die Schluswertung jeder Spieler verdeckt in sein Tableau legt, so dass bis zum Schluss unklar ist, ob nicht einer der Spieler noch einen richtig dicken Bonus abstaubt und die vorne liegenden Spieler auf der Kramerleiste doch noch überholt.

… und dann ist die Planung doch dahin

Für den einen ein Plus-, für andere Spieler aber auch ein Minuspunkt könnte der hohe Ärger- und Frustfaktor bei Amritsar sein. Durch das Bewegen der Arbeiter werden geplante Züge zerstört oder die Möglichkeiten nachfolgender Spieler stark eingeschränkt. Auch das Gerangel um starke Plätze auf den Spendenplättchen kann Spieler schon einmal auf die Palme bringen.

Schon lange habe ich bei einem Kennerspiel nicht mehr so häufig und deutlich Laute des Unfriedens gehört. Ein “Du hast mir meinen Zug versaut” ist dabei noch die harmloseste Äußerung. Begabte Spieler können solche Reaktionen sicherlich gewollt provozieren.

Mit mehr als drei Spielern würde ich Amritsar dabei lieber nicht mehr spielen wollen. Zu lange ziehen sich die zwölf Runden des Spiels bei dieser Spieleranzahl und gerade in den letzten Runden wird das Spiel schließlich auch etwas zäh. Dann noch der unter Paralyse-Analyse leidende Mitspieler und man verpasst den letzten Bus, sodass man auf seinem Holzelefanten nach Hause reiten darf. Dafür macht auch der Solo-Modus Laune, bei dem man direkt gegen den Maharadscha antritt.

Fazit der Rezension: Amritsar ist eine positive Überraschung

Brettspiel Amritsar - die Schachtel - Foto Ludonova

Summa summarum ist Amritsar – der goldene Tempel trotz der Kritikpunkte durch die Bank eine positive Überraschung. Spielidee, Spielmaterial und auch Spielspaß wissen zu überzeugen. Allerdings ist eine Partie dabei so anstrengend, dass man das Spiel nicht direkt noch einmal aufbaut, um die nächste Partie aus den Rippen zu hauen.

Infos zu Amritsar

  • Titel: Amritsar
  • Untertitel: Der goldene Tempel
  • Verlag: Ludonova
  • Autor: David Hera
  • Spieleranzahl (von bis): 1-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14
  • Dauer in Minuten: 60-120
  • Jahrgang: 2023
  • Video:
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